Gemeinschaftsprojekt Gruselseiten / europa-vinyl:


Versionenvergleiche zwischen

Dracula trifft Frankenstein
(115 637, 1979)

Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten
(115 675, 1981)

Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten
(Neuauflage 1999)



Seite 1

  (Musik.)
  (Musik: "Intromusik der Klassiker".)
   
Erzähler: Unser Bericht von der schicksalhaften Begegnung Frankensteins mit dem Grafen Dracula beginnt in einem Gasthof. Tom Fawley und Eireen Fox, Reporter aus London, saßen beim Abendbrot im ersten Stock des Hauses. Die Tür in der Nähe, die zum Balkon führte, stand offen.
  (Im Hintergrund: Grillenzirpen, Partygelächter und Wirtshausmusik; im Zimmer: Geschirrklappern; Tom gießt sich ein Glas ein.)
Tom: (singt) Didadii dadadadaadadaaa ...
Eireen: (gähnt lautstark)
Tom: (schluckt) Ahh, das Zeugs ist gut!
Eireen: Ach ja, ich glaub', es wird Zeit für mich. Morgen ist ein anstrengender Tag.
Tom: Hm-h ... du willst mir ganz sicherlich auf diese charmante Art und Weise zu verstehen geben -
Eireen: ... daß deine Gesellschaft heute nicht gerade kurzweilig ist? Ja.
Tom: Oho, aha!
Eireen: Tommylein! Dein Vortrag über die unterschiedliche Freßlust sommerlicher Mücken war nun wirklich keine Sensationsdarstellung!
Tom: (lacht)
Eireen: (gähnt erneut) Außerdem ist es spät genug ...
Tom: Ich sprach nicht von Freßlust, sondern von Blutdurst.
Eireen: Ah ja?
Tom: (knurrt)
  (Leise: Knarrendes Holz, etwas bröckelt.)
  Moment mal ...!
Eireen: Ach, ich geh' ins Bett. Gute Nacht.
Tom: Ja, wart' doch mal ...
Eireen: Tommylein ...
Tom: Da war irgend etwas ...
Eireen: Laß das doch! In diesem langweiligen Gasthof passiert bestimmt nichts, was uns interessieren könnte.
Tom: Ich habe aber etwas gehört. Es war da draußen auf dem Balkon.
Eireen: (spöttisch) Soll ich nachsehen, ob Graf Dracula da draußen sitzt? Du, das wär nicht unmöglich. Immerhin sind wir hier in Transsylvanien.
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Tom: Eireen, du bist albern. Ich ...
  (Leise: Erneute Bröckelgeräusche.)
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Hemator: (schreit)
Tom: Da!
Eireen: (erschrickt) Ein Mann! Er ist an unserem Balkon vorbeigefallen!
  (Sie rennen auf den Balkon; die Grillen sind lauter zu hören.)
Tom: Da unten liegt er ...
Eireen: Oh, mein Gott.
Tom: Ist aber jemand bei ihm. (ruft) He, Sie! Sie, was machen Sie denn da!?
Dr. Finistra: (kaum hörbar) Hihihihihi !
Eireen: Sie! Laufen Sie doch nicht weg!
Tom: Komm, wir gehen nach unten ... oder willst du jetzt vielleicht immer noch schlafen?
  (Schritte.)
Eireen: Ach, rede keinen Unsinn! Ich gehe mit nach unten. Oder glaubst du, ich möchte auch vom Balkon gestoßen werden!?
Tom: Langsam, Eireen, langsam, langsam, langsam; durch nichts ist bewiesen, daß der Mann gestoßen wurde. Er kann ja auch gesprungen sein.
Eireen: (stöhnt)
  (Tür wird geöffnet, Schritte auf einer Treppe.)
Tom: Nun komm schon.
  (Die Musik übertönt die Schrittgeräusche fast.)
  (Grillenzirpen wird lauter, ab und an erklingen unheimliche (künstlich verlangsamte?) Nachtgeräusche, ein Rabe krächzt des öfteren; Schritte im Kies, Gemurmel mehrerer Leute.)
Eireen: Ist er wirklich tot?
Wirt: So tot, wie nur jemand sein kann, der keinen Kopf mehr hat!
Tom: Keinen Kopf? Mann, Sie scherzen!
Eireen: (erschrickt)
Wirt: Das wäre ziemlich unpassend.
  (Ein Käuzchen ruft.)
  Sehen Sie doch selbst!
Eireen: Mein Gott!
Dorfbewohner: Das kann man sich doch nicht vorstellen ...
Tom: Tatsächlich. - (schluckt und knurrt nachdenklich) Der Kopf fehlt ...
Dorfbewohner: Das darf doch nicht wahr sein!
Eireen: (erschrickt)
Wirt: Und auch die rechte Hand! Der Mörder hat sie ihm abgeschnitten.
Tom: Geben Sie mir mal die Taschenlampe.
Wirt: Bitte.
Tom: (angeekelt) Abgeschnitten wie mit einem Skalpell ... Eireen, sieh' dir das an. Das ist dieser Mensch gewesen, den wir gesehen haben.
Wirt: Es war jemand bei dem Toten hier unten im Hof?
Eireen: Allerdings! Haben Sie sein Lachen nicht gehört? Oh, das war entsetzlich!
Wirt: Jemand hat den Mann von dem Balkon dort gestoßen.
Tom: Nein - nein! Nicht von dem vor der Gaststube, sondern von dem darüber. Wir haben direkt an der Balkontür gesessen; wir haben beobachtet, wie er an uns vorbeistürzte.
Wirt: Von dem dort oben? Unmöglich!
Eireen: Warum sollte das unmöglich sein?
Wirt: Weil die Tür zum Balkon vernagelt ist. Ich selbst habe sie vor einigen Jahren verschlossen, damit niemand auf den Balkon gehen kann.
Eireen: Der Balkon ist baufällig?
Wirt: Eben deshalb!
Tom: Irgendwie muß der Mann ja auf den Balkon gekommen sein, bevor sein Mörder ihn heruntergestoßen hat.
Wirt: Kommen Sie mit! Wir sehen nach.
Tom: Gute Idee.
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
  (Schritte auf Kies, Tür wird knarrend geöffnet, ein Käuzchen ruft.)
Wirt: Hier. Diese Treppe hoch. Sie führt direkt dorthin.
  (Schritte auf Holztreppe.)
  Durch diese Türe noch, dann können Sie es schon sehen.
  (Eine Tür wird aufgeschlossen und geöffnet.)
Eireen: Da bin ich gespannt! Der Mann muß die Tür aufgebrochen haben.
Tom: Du meinst, er hat sich die Mühe gemacht, die Tür zum Balkon aufzubrechen, um sich dann in die Tiefe zu stürzen? Eireen, er hätte es leichter gehabt, wenn er aus einem Fenster gesprungen wäre.
Eireen: (sauer) Hach!
  (Schritte.)
Wirt: Falls ihm niemand geholfen hat. - Da! Sehen Sie? Die Tür ist vernagelt! Man kann sie gar nicht öffnen!
Tom: Hm. Eine andere Möglichkeit, auf den Balkon zu kommen, gibt es nicht?
Wirt: Keine!
Eireen: Er ist aber von diesem Balkon gestürzt, das steht fest! Er liegt genau darunter.
Wirt: Ich kann mir das nicht erklären. Es ist unbegreiflich.
Tom: Es muß aber eine Erklärung geben. Ja - es muß! Und vermutlich ist sie ganz einfach.
Wirt: Es gibt keine! So wie es für viele Dinge keine gibt, die hier in diesem Lande passieren.
Eireen: Hoppla, hoppla! Da richte ich doch gleich meine Lauscherchen auf. Was geschieht hier denn sonst noch so?
Wirt: Spotten Sie nicht. Verlassen Sie dieses Land lieber so schnell wie möglich! Es ist besser für Sie.
Tom: Einem Wirt, der mir eine solche Empfehlung gibt, bin ich noch nie begegnet.
Wirt: Ich meine es gut mit Ihnen. Dieses Land ist verflucht! Es ist das Land des Grafen Dracula! Gehen Sie, bevor es zu spät ist ...
  (Schritte.)
Eireen: Moment mal! Wo wollen Sie denn hin?
Tom: So bleiben Sie doch!
Eireen: Weg ist er. Komischer Kauz.
Tom: (rätselnd) Eireen, er hat Angst. Das sieht man ihm an.
Eireen: Also, ich gebe zu, daß ich mich auch nicht gerade wohlfühle in meiner Haut. Immerhin läuft hier noch ein Mörder frei herum und dazu noch einer, der seine Opfer verstümmelt.
Tom: Ja ... Ja, aber wir werden ihn nicht fassen. Ist ja auch nicht unsere Aufgabe. Gute Nacht!
Eireen: Gute Nacht? Tom! (Sprechpause) Du kannst doch jetzt nicht ins Bett gehen!
Tom: (gähnend) Doch, ich kann. Warum sollte ich das nicht können?
Eireen: Tom, du darfst mich nicht allein lassen. Nicht mit einem Mörder!
Tom: (spöttisch) Der ganz versessen darauf ist, dich auch umzubringen? Eireen, Mädchen, zu einem Mord gehören zwei, ein Mörder und ein Opfer. Beide verbindet das Mordmotiv! Und glaubst du, daß irgend jemand ein Motiv haben könnte, d-
Eireen: Oh, Tom!
Tom: Jaja, was wolltest du hören?
Eireen: Tom, wenn es nun Dracula war ...
Tom: (spöttisch) Ts, den gibt's doch gar nicht; das sind doch Ammenmärchen, Eireen, nichts weiter.
Eireen: Ist dir eigentlich aufgefallen, daß der Tote da unten ganz alte Kleider trägt? Kleider, die schon längst nicht mehr in der Mode sind?
Tom: Das kannst du ihm doch nicht zum Vorwurf machen.
Eireen: Esel! Ich meine, diese Sachen sind sehr alt, vielleicht hundert Jahre oder mehr? Sie sind grau und verstaubt.
Tom: Ja, ein Mord ist ja keine Modenschau und der Tote kann tragen, was er will, auch ganz alte Klamotten. Also: Gute Nacht!
  (Schritte.)
Eireen: Du bist ein kaltherziges Ungeheuer!
Tom: Dafür bist du ein Schatz! Gute Nacht!
Eireen: Tom!
  (Tür wird geschlossen.)
  Verdammt noch mal ... Tom!
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein und begleitet die folgende Harfenmelodie.)
  So eine Gemeinheit! Läßt mich einfach allein! Warte, mein Lieber, das zahl' ich dir heim!
   
  (Musik.)
   
Erzähler: Tom Fawley ging ins Bett. Er kümmerte sich nicht um die Untersuchungen der Polizei. Am nächsten Morgen tauchte er ausgeschlafen und vergnügt wieder auf.
  (Tür wird geöffnet, Schritte.)
Tom: (pfeift und singt:) Eireen, guten Mohorgen! - Ich hoffe, du hast gut geschlafen, mein Schatz! - Hee, hee, was ist denn los? Bist du immer noch sauer?
Eireen: Der Tote ist verschwunden.
Tom: Ja, die Polizei hat ihn mitgenommen.
Eireen: Eben nicht. Er ist ver-schwun-den. Hier, sieh' selbst. Auf diesen Tisch hatte man ihn gelegt.
Tom: Der Tisch ist leer.
  (Tür wird geöffnet, Schritte.)
  (fröhlich) Ah, da ist ja auch der Herr Wirt! Guten Morgen!
Wirt: (mürrisch) Morgen!
Eireen: Jetzt ist der Tisch leer!
Tom: Ja, der Tisch ist leer und staubig. - Sagen Sie, wer war der Tote eigentlich? Hat man das schon herausgefunden?
Wirt: Nein.
Tom: Dann war er also kein Gast?
Wirt: Nein. Diesen Mann hab' ich nie gesehen! Ich weiß nicht, wie er ins Haus gekommen ist und ich weiß nicht, wo er geblieben ist.
Tom: Er kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.
Wirt: In diesem verfluchten Land ist alles möglich ...
Tom: Auch daß sich jemand in Luft auflöst, so einfach so pch-pch-pch?
Wirt: Nein! Aber daß er zu Staub zerfällt ... Der Tisch war gestern blank und sauber. Ich habe ihn selbst gewischt, und jetzt ...
Eireen: Sie übertreiben!
Wirt: Der Tote hat vor dem Fenster gelegen. Als die ersten Sonnenstrahlen ihn trafen, zerfiel er zu Staub. So wie es seit eh und je mit allen Vampiren geschieht.
Tom: Sagten Sie -
Eireen: Vampire?
Wirt: Das sagte ich! Mein Gott, wenn man doch endlich dieses verfluchte Schloß Mordabrunn abbrennen würde!
Eireen: Äh, was hat das Schloß damit zu tun?
Wirt: Sie wissen nichts, überhaupt nichts!
Tom: Ja, allerdings nicht, natürlich nicht, woher sollten wir auch etwas wissen, wenn hier alle schweigen? Und vermutlich werden Sie uns auch nichts über das Schloß und seine Bewohner sagen.
Wirt: Kein Wort kommt über meine Lippen! Haben Sie etwa vor, das Schloß zu besuchen?
Eireen: Das haben wir!
Wirt: Das wäre Ihr Ende! Niemand ist je vom Schloß zurückgekehrt, seitdem dort ...
Tom: Seitdem dort ... was?
Wirt: Nichts! Gar nichts! Ich sage nichts mehr!
  (Schritte.)
Eireen: So laufen Sie doch nicht gleich weg! Bitte bleiben Sie! ...
  (Tür wird geschlossen.)
Tom: (schmunzelt) Ja, von dem hören wir auch nichts mehr. (lacht) Also ... bleibt uns nichts anderes übrig, als zum Schloß zu fahren und diesen, diesen Doktor, wie heißt er? ... Stein zu besuchen.
Eireen: Richtig! Von mir aus können wir sofort fahren, ich habe schon gefrühstückt.
Tom: Ja, aber ich noch nicht, und ohne Frühstück verlasse ich diesen gastlichen Ort nicht, also: Du mußt schon noch ein wenig warten.
Eireen: Wie immer.
   
  (Musik.)
   
Erzähler: Kurz darauf brachen Tom Fawley und Eireen Fox auf.
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
  Sie glaubten, bald beim Schloß zu sein, doch sie irrten sich. Der Weg dorthin war lang und selbst mit dem Auto beschwerlich. Sie erreichten das Schloß erst am Abend.
  (Das Auto rollt auf einem Kiesweg aus, der Motor wird abgestellt.)
Tom: Endlich! - Da! Schloß Mordabrunn! Nicht schlecht, wie?
Eireen: Hm. Bißchen düster, findest du nicht auch?
Tom: Also, mir gefällt's!
  (Sie steigen aus; heulender Wind, einige Vögel singen noch, wiederum erklingen ab und an unheimliche (künstlich verlangsamte?) Nachtgeräusche, ein Rabe krächzt hin und wieder; Schritte auf Kies.)
  Ausgestorben. Nirgendwo ist Licht.
Eireen: Klingel' doch mal.
Tom: (klingelt zweimal) Nichts. Bleibt alles ruhig. Scheint niemand da zu sein. Hallo! (lauter) Haallo!? - Dr. Stein!?
Eireen: Tommy? Laß uns mal da drüben sehen. Vielleicht gibt es einen Nebeneingang.
Tom: Hm ...
  (Schritte auf Kies.)
  Ist auch verschlossen. (klopft) He, hallo - hallo, Dr. Stein?
Eireen: Komisch, komisch. Dr. Stein weiß doch genau, daß wir kommen. Und so spät ist es nun auch wieder nicht. Ob er in der Kapelle dort ist? Da brennt Licht.
Tom: Kerzenlicht. - Naja, vielleicht ist er da. Komm, wir sehen nach.
  (Schritte auf Kies; Tür wird knarrend geöffnet.)
  Die Tür ist nur angelehnt ...
Eireen: (ruft) Ist da wer?
Tom: (ruft ebenfalls) Hallo! - Ist niemand da ... Ich seh' nur Särge. Und Gerümpel.
Eireen: Irgend jemand muß die Kerze doch angezündet haben.
Tom: Ja, es ist aber niemand da ...
Eireen: Sieh mal. Da ist eine Treppe, die führt nach unten.
Tom: Vermutlich direkt in die Hölle.
Eireen: Quatsch!
Tom: Ja, warum? Eireen, es heißt, daß die alten Fürsten, die alten Fürsten in diesem Lande sehr sehr gute Beziehungen hatten nach oben - und nach unten!
Eireen: Hör auf mir dem Unsinn!
  (Schritte.)
  Hee! He, wo willst du hin?
Tom: Ich seh' mal nach, wohin diese Treppe geht. Vielleicht ist Dr. Stein hier unten.
Eireen: Hm ... bestimmt hat er die Kerze angezündet. (ruft) Ich komme mit!
  (Schritte.)
Tom: Hier ist schon wieder ein Sarg.
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Eireen: Er ist offen.
Tom: (kichert) Bereitsein ist alles. Man ist gerüstet auf Schloß Mordabrunn für alle Fälle.
Eireen: Du, du, warte mal, warte mal. Sieh' dir den Sarg an. Er ist mit Seide ausgeschlagen.
Tom: Ja sicher, und?
Eireen: Und!? So selbstverständlich ist das ja nun auch nicht. Außerdem hat bis vor kurzem noch jemand darin gelegen.
Tom: (lacht) Eireen, du spinnst.
Eireen: Nein nein nein, bestimmt nicht, sieh' doch: Der Abdruck des Körpers zeichnet sich ganz deutlich ab.
Tom: Hm. Naja ... das ist -
Eireen: Und das ist noch gar nicht so lange her! Hier am Rand ist Staub und dort in der Mitte ist kein Staub. Wer auch immer in dem Sarg gelegen hat, er war noch vor einigen Stunden darin.
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Tom: Ach was, das gibt's doch gar nicht, das ist doch -
Dracula: (kommt aus dem Hintergrund) ... nichts als ein schlechter Scherz!
Eireen: (erschrickt) Was ist das? ... wer ist da?
Dracula: Vergessen Sie es. Es war geschmacklos. Ich verschließe den Sarg.
  (Sargdeckel wird mit einem Knall geschlossen.)
Eireen: Äh ... wer - we-wer, wer sind Sie?
Dracula: Ich bin Graf Cula, der Herr über Schloß Mordabrunn.
Eireen: Oh ...!
Tom: Angenehm! Wir sind von der Presse. Dr. Stein hat uns eingeladen, er will mit uns über seine wissenschaftliche Arbeit sprechen.
Dracula: Dr. Stein? Dieser Mann ... (räuspert sich leicht angesäuert)
Eireen: Es kommt jemand!
Tom: Ja, das wird Dr. Stein sein; Graf Cula, wir - Wo ist er denn?
Eireen: Er ist weg! Aber - das gibt's doch gar nicht. Er war doch eben noch hier!
Tom: Also, ich habe mich nur umgedreht und zur Treppe gesehen, in diesem Moment kann er doch gar nicht verschwunden sein.
Eireen: Er ist aber verschwunden! Ja, oder siehst du ihn noch?
Tom: Nein, aber ... komm wir gehen wieder nach oben.
  (Schritte.)
Eireen: (erschrickt) Du! - Da ist jemand auf der Treppe.
Tom: (ruft) Dr. Stein, sind Sie es?
Dr. Stein: Ich bin Dr. Stein! Allerdings! Hoffentlich können Sie mir erklären, was Sie hier unten zu suchen haben!?
Eireen: (atmet erleichtert aus)
Tom: Ja, ich bin sehr froh, daß wir Sie gefunden haben, Doktor. Wir sahen das Licht und da glaubten wir, daß Sie hier seien. Das ist Miss Eireen Fox und ich bin Tom Fawley.
Dr. Stein: Ach, so ist das ...
Eireen: Wir haben eben schon mit Graf Cula gesprochen.
Dr. Stein: Graf Cula? Sie müssen sich irren, auf dem Schloß wohnt niemand außer mir und meiner Assistentin Dr. Finistra.
Tom: Aber hier war jemand, Doktor, der sich Graf Cula nannte.
Dr. Stein: So ... Na schön, wenn Sie's sagen ... aber lassen wir das. Kommen Sie mit mir ins Schloß. Hier ist es zu ungemütlich, kommen Sie! Seien Sie meine Gäste.
  (Schritte.)
   
  (Musik.)
  (Musik.)
   
Erzähler: Dr. Stein führte seine Gäste ins Schloß und bewirtete sie. Dabei gab er ihnen eine Reihe von Informationen über seine wissenschaftliche Arbeit, von der er hoffte, daß sie ihn auf der ganzen Welt bekannt und berühmt machen werde.
Eireen: Sie haben also den Humunculus, den künstlich in der Retorte entstandenen Menschen geschaffen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Dr. Stein?
Dr. Stein: Sie haben mich richtig verstanden, Miss Fox!
Tom: Aber wo liegt der Sinn, Doktor? Die Welt krankt an der Überbevölkerung, und Sie wollen jetzt auch noch auf dem künstlichen Wege Menschen entstehen lassen, haben wir nicht schon genug Menschen?
Dr. Stein: Der Mensch, der in meinem Labor entstanden ist, wird über Fähigkeiten verfügen, die alles übertreffen, was sich die Menschen heute vorstellen können!
Eireen: Ein Übermensch soll es werden?
Dr. Stein: Vielleicht? Der Homo Superior oder der Homo Futura? Der irgendwann den Homo Sapiens ablösen wird, so wie er sich in uns darstellt.
Tom: (nickt nachdenklich) Ja, und wie weit sind Sie mit Ihrer Arbeit, Doktor? Ich meine, ist der neue Mensch schon fertig? Kann er auf eigenen Beinen stehen?
Dr. Stein: Sie sollen ihn sehen! Meine Assistentin wird Sie begleiten.
  (Ein Glöckchen klingelt dreimal.)
  Sie wird gleich hier sein.
  (Tür wird knarrend geöffnet, Schritte.)
  Ach, da ist sie schon. Darf ich bekanntmachen? Das ist Frau Dr. Finistra. Miss Fox und Mr. Fawley von der Zeitung.
Dr. Finistra: N'Abend!
Dr. Stein: Finistra, zeige unseren Gästen das Forschungsobjekt!
Dr. Finistra: Wenn es sein muß!
Dr. Stein: Es muß sein! Wir brauchen die Mitarbeit der Presse, wenn wir das Ergebnis unserer Forschungsarbeit auf der ganzen Welt bekanntmachen wollen.
Dr. Finistra: Sie müssen es ja wissen! Also: Kommen Sie!
Eireen: Danke, Dr. Finistra. Sagen Sie, haben wir uns nicht schon einmal gesehen?
Dr. Finistra: Nicht, daß ich wüßte!
Eireen: Es kann nicht lange her sein, und Ihre Stimme -
Dr. Finistra: Sind Sie meinetwegen hier?
Eireen: Nein.
Dr. Finistra: Also, lassen wir das!
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein; eine weitere Musik beginnt zeitgleich.)
  Kommen Sie, ich hab' nur wenig Zeit!
Dr. Stein: Wir sehen uns später ...
  (Tür wird geschlossen.)
Dr. Finistra: Das Labor ist im Keller. Hier entlang!
Eireen: Danke.
  (Tür wird knarrend geöffnet und geschlossen, Schritte.)
  (flüsternd) Und ich kenne sie doch, Tom!
Tom: Ach, was, halt'n Mund! - Wir sind da!
  (Tür wird geöffnet; Laboratmosphäre: Brodeln und eletronisches Fiepen, tickende Uhr.)
Eireen: Er liegt unter einem Tuch. Ein wahrer Riese. Er ist bestimmt über zwei Meter groß.
Dr. Finistra: 2 Meter und 11 Zentimeter! Noch ist er nicht belebt. In spätestens zwei Tagen aber wird er sich erheben und frei herumlaufen, so wie Sie und ich.
Eireen: Das ist kaum vorstellbar.
Tom: Der ist wirklich in der Retorte gewachsen? Nicht im Mutterleib?
Dr. Finistra: Er stammt aus der Retorte! Vollständig! Das heißt, kleine Korrekturen waren nötig. Einige Operationen, Sie verstehen?
Tom: Lassen Sie mal sehen. Nehmen Sie das Tuch ab?
Dr. Finistra: Selbstverständlich.
Eireen: (erschrickt) D- ... das ist ...
Dr. Finistra: ... nicht gerade eine Schönheit. Die Narben wirken entstellend, aber das macht nichts!
Eireen: Die Hand!
Dr. Finistra: (kreischt) Was ist damit!?
Eireen: Äh, nichts ... nichts ... ich - dachte nur ...
Tom: Eireen, beruhige dich, Dr. Stein hat uns doch erklärt, wie dieses Wesen entstanden ist.
Eireen: (erregt) Entschuldigen Sie, Dr. Finistra, ich ... ich muß nach draußen an die frische Luft ...
Dr. Finistra: Ist Ihnen schlecht?
Eireen: Ein wenig ... ja ja ... bitte, Tom, komm mit ...
Dr. Finistra: Gehen Sie nur, wenn Sie schwache Nerven haben! (lacht)
  (Tür wird geöffnet.)
Tom: Na los, Eireen, komm!
  (Tür wird geschlossen, Schritte.)
Eireen: (atmet aus)
Tom: Hier ist die Luft wirklich besser. Was ist los mit dir, du bist doch sonst nicht so empfindlich!?
Eireen: Laß uns sofort von hier verschwinden, Tom!
Tom: Werd' nicht gleich wieder hysterisch. Du zitterst ja am ganzen Leib, was hast du denn?
Eireen: Das ist ein Monster, Tom, nichts als ein Monster!
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Tom: Ja!
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein und geht am Ende der Szene in die frühere Musik über.)
Eireen: Und diese Hand!
Tom: Ja, was ist mit der Hand?
Eireen: Ja, bist du denn blind!? Es ist die Hand, die dem Ermordeten abgeschnitten worden ist!
Tom: Ist denn bei dir im Oberstübchen noch alles okay? Wie kannst du denn wissen, daß es die Hand ist? Du hast sie doch nie gesehen!
Eireen: Aber ich habe die andere Hand gesehen. Sie war ebenfalls schmal und sie hatte diese eigenartig spitz geschnittenen Fingernägel, genau wie diese!
Tom: (ungläubig) Aach! ...
Eireen: Und dann Dr. Finistra ...
  (Glas klirrt.)
Dr. Finistra: (kreischt schrill)
Eireen: Tom?
Dr. Finistra: (kreischt)
  (Im Hintergrund: Musik setzt ein.)
Eireen: Das ist im Labor!
Tom: Da müssen wir hin. - Schnell!
   
  (Musik.)
   
   

© Transkription: Stefan Schmidt • Versionsvergleich & Umsetzung in HTML: Sven Haarmann (23. Juli 2000)
Erste Informationen  Seite 2


© Sven Haarmann/Harald Lutz, 25. November 2000

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