Eigentlich eine schöne Idee, die BMG Miller da hatte: Ein paar populäre Sprecher auf einem neuen Europa-Geschichten-Sampler zu vereinen und unter dem Titel "Wir warten auf Weihnachten" unters Volk zu werfen. Scheinbar der ideale Spagat, um Kinder beim Anblick der CD im Kaufhaus-Regal erfolgreich quengeln zu lassen - und die Europa-Nostalgiker zu animieren. Wirk ja auch magisch, wenn das Cover neben dem schönen bunten Bildchen mit den Namen Will Quadflieg, Horst Frank und Hans Paetsch klingelt. Und umsatzversprechend!
Leider verschleierte dem Unternehmen wohl das Dollarzeichen in den Augen den Durchblick. Schön und gut, was da in 21 Tracks aufgedröselt wurde. Nur die Gestaltung der Scheibenverpackung ist mit der Bezeichnung hingerotzt noch liebevoll umschrieben. Hinter keinem der Titel steht der Name der Sprecher - für die zweite Zielgruppe schonmal schwer verzeihlich. Mit ein paar Auszügen aus früheren Märchenplatten und hauptsächlich neuen Aufnahmen pendeln die Weihnachtsschmeckerchen hin und her zwischen "Schneeflöckchen, Weißröckchen", "Advent bei den Mäusen", "Der eigensüchtige Riese" oder "Sterntaler".
Kenner machen Brigitte Kollecker als Sprecherin aus. Und natürlich ist ein Wiederhören mit Will Quadflieg immer schön. Das raspelnde Grusel-Organ eines Horst Frank irritiert hingegen: Da unterwandert die Stimme gewordene Apokalypye die "Frohe Botschaft". Nach ein paar Stücken macht sich Ungeduld breit: Wir warten nicht auf Weihnachten, sondern auf Hans Paetsch! Nach der Hälfte der CD wächst das Grummeln, vor den letzten Titeln grollt der Hörer - und am Schluss steht pure Fassungslosigkeit: Entgegen der Käufer-Köderung auf dem Cover bleibt das Erlebnis Paetsch aus! Also eher "Warten auf Godot", denn der kommt bekanntlich auch nicht.
Bleibt nur eins fürs Haus BMG: Knecht Ruprecht, ein paar Rutenschläge bitte!