Peter Folken gestorben - Ein Nachruf von Marcus Ebeling

In der vergangenen Woche, am 14.05.2002, erreichte mich die Nachricht, daß Peter Folken im Alter von 71 verstarb. Man mag mir verzeihen, daß dieser Nachruf nicht durch einen sachlich berichtenden Ton geprägt ist, allein Werdegang und Stationen aufzählt und damit ein sicherlich objektiveres Bild liefert, als ich es zu leisten vermag. Aber neben dem Schöpfer, Sprecher und Regisseur so vieler Hörspiele war Peter Folken mein Freund. Und als ein solcher möchte ich mich auch von ihm verabschieden.

Vor ca. einem Jahr hatte ich mich nach langem Grübeln dazu entschlossen, mich einmal mit dem Mann in Kontakt zu setzen, der mich ebenso wie viele andere der Hörspielsprecher durch meine Kindheit begleitet hatte: Peter Folken. Früher kannte ich seine Stimme nur als die des Schurken Santer aus der "Winnetou"-Trilogie, vielleicht aus einigen kleineren Rollen. Erst später bemerkte ich, daß viele der - meines Erachtens - besten Hörspielscripte der Firma Europa aus seiner Feder stammten, darunter "Ben Hur", "Der Graf von Monte Christo" und eben der besagte "Winnetou"-Dreiteiler, der sich seinerzeit auf fast jedem Kinder-Plattenspieler gedreht haben dürfte. Auch seine unglaubliche Darstellung des Sir Roderick Usher aus Poes "Schauergeschichten" sollte mir erst sehr spät bekannt werden.

Nach einem kurzen schriftlichen und telefonischen Kontakt kam es dann zu unserem ersten Treffen in Karlsruhe. Und ich lernte einen ganz anderen Mann kennen, als ich erwartet hatte. War er in den Hörspielen doch meist als Bösewicht aufgetreten, so erwartete mich ein äußerst freundlicher, lebenslustiger Mann, dem man seine mittlerweile 70 Lebensjahre nicht im Geringsten anmerkte. Von ihm ging eine Herzlichkeit aus, die ich selten bei Menschen kennengelernt habe.

Natürlich sprachen wir auch über Hörspiele, aktuelle sowie die der vergangenen Tage. Peter schwärmte viel von der Arbeit und man merkte, mit welchem Enthusiasmus und welchem Anspruch er zu verwirklichen suchte, was er sich in seiner Phantasie ausgemalt hatte. Gleichzeitig lachte er über die simplen Mittel, mit denen seinerzeit gerade die Europa-Produktionen entstanden. So wurde der größte Teil für das Hörspiel "Dracula - Jagd der Vampire" mit Charles Regnier im Badezimmer aufgenommen, um den Hall einzufangen.

Neben dem Thema Hörspiele war es mir jedoch vergönnt, hinter dem Schauspieler und Regisseur den Menschen Peter Folken zu entdecken - und die 37 Lebensjahre, die uns trennten, verwischten immer mehr. Es folgten gemeinsame Theaterbesuche im Kammertheater Karlsruhe, wo Peter bis zu seinem Tod wirkte und anschließende Kneipenbesuche. Ein kleiner Tisch in der Ecke eines Lokals in der Nähe des Kammertheaters, endlose Gespräche über Gott und die Welt bei Gulaschsuppe oder Rotwein, die Energie, die dieser Mensch ausstrahlte, die Liebe für „sein“ kleines Theater - all das wird mir unvergeßlich bleiben. Auf dem Nachhauseweg (leise) gemeinsam die Spiegelarie aus "Hoffmanns Erzählungen" singend, lachend - wie sehr werde ich genau dies vermissen.

Das letzte Mal kam es zu einem Treffen am Silvesterabend des letzten Jahres. Peter hatte sich gewünscht, die Hauptrolle in der "Champagnerkomödie" spielen zu dürfen. Gemeinsam mit einer lieben Freundin fuhr ich nach Karlsruhe und wir erlebten den Mann, der so vortrefflich böse oder wahnsinnig sein konnte, ebenso überzeugend in einer Komödie. Leider gab's dieses Mal nur einen kurzen Abschied, Peter war auf dem Weg zur Silvesterfeier des Theaters.

Hätte ich gewußt, daß ich ihn nie wiedersehen würde - ich hätte mich bedankt für die unvergleichlichen Abende in Karlsruhe, für die so kurze Zeit von einem Jahr, die trotzdem eine Freundschaft hatte entstehen lassen, bedankt für all die Stunden Unterhaltung in meiner Kindheit und heute, die seine Handschrift trugen.

Nun bleibt mir nur, es an dieser Stelle zu tun: Ein Dankeschön zu sagen für Doktor Robinson ("Tom Sawyer und Huckleberry Finn"), für Steffen ("Rübezahl"), für Santer ("Winnetou"), für Sir Roderick Usher ("Schauergeschichten") - und Abschied zu nehmen von dem Schauspieler und Freund Peter Folken.

Marcus Ebeling

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